Überbrückungshilfe während der Unterhaltsregelung

Kapitelnr.
11.2.02.
Publikationsdatum
16. Januar 2016
Kapitel
11 Weitere Leistungen Soziale Sicherheit
Unterkapitel
11.2. Bedarfsleistungen

Rechtsgrundlagen

Kinder- und Jugendhilfegesetz vom 14. März 2011 (KJHG), LS 852.1 Verordnung über die Alimentenhilfe und die Kleinkinderbetreuungsbeiträge vom 21. November 2012 (AKV), LS 852.13

Erläuterungen

1.Allgemeines

Für Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind, können während des Verfahrens zur Regelung des Unterhalts Überbrückungshilfen für Unterhaltsbeiträge ausgerichtet wer-den (§ 24 Abs. 1 KJHG). Überbrückungshilfen werden ausgerichtet für Unterhaltsbeiträge, auf welche das Kind voraussichtlich Anspruch hat, die aber mangels rechtsgültiger Unter-haltsregelung noch nicht eingefordert werden können (§ 24 Abs. 2 KJHG, § 38 AKV).

2.Voraussetzungen

2.1. Wohnerfordernis Die Ausrichtung von Überbrückungshilfen setzt zunächst voraus, dass das Kind in einer zür-cherischen Gemeinde zivilrechtlichen Wohnsitz (vgl. Art. 25 Abs. 1 ZGB) hat (§ 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 KJHG). 2.2. Hängige Unterhaltsklage Die Ausrichtung einer Überbrückungshilfe setzt weiter voraus, dass eine Unterhaltsklage eingereicht wurde, aus der eine frankenmässig bezifferte Unterhaltsforderung hervorgeht. 2.3. Einkommens- und Vermögensverhältnisse Für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gelten die gleichen Regelungen wie bei der Alimentenbevorschussung (§§ 13 ff. AKV; vgl. dazu Kapitel 11.2.01). Die anrechenbaren Einnahmen des Haushalts, in dem das Kind lebt, dürfen nicht die in der AKV festgelegten anerkannten Lebenskosten übersteigen. Diese betragen gegenwärtig:

  • für einen alleinerziehenden Elternteil jährlich Fr. 41’500.-- zuzüglich je Fr. 12’400.-- für das erste und zweite Kind, je Fr. 9’100.-- für das dritte und vierte Kind und je Fr. 5’800.-- für jedes weitere Kind;
  • für einen verheirateten, in eingetragener Partnerschaft oder in einem Konkubinat mit gemeinsamem Kind lebenden Elternteil jährlich Fr. 57’300.-- zuzüglich je Fr. 12’400.-- für das erste und zweite Kind, je Fr. 9’100.-- für das dritte und vierte Kind und je Fr. 5’800.-- für jedes weitere Kind. Die Beträge werden alle drei Jahre auf den 1. Oktober an die Teuerung angepasst (§ 21 Abs. 3 KJHG in Verbindung mit § 26 AKV). Zu den anrechenbaren Einnahmen gehören neben dem Lohn (bei Selbstständigerwerben-den: Reingewinn) auch Familienzulagen, Entschädigungen der Sozialversicherungen (z. B. Arbeitslosentaggelder, Mutterschaftsentschädigung, Krankentaggelder usw.), Renten und Pensionen, Vermögensertrag usw.

3.Dauer und Umfang der Überbrückungshilfe

Der Anspruch auf Überbrückungshilfe entsteht frühestens im Monat, in dem das Gesuch um Überbrückungshilfe eingereicht wird und eine Unterhaltsklage hängig ist (§ 39 Abs. 1 AKV). Er erlischt am Tag, an dem ein vollstreckbarer Unterhaltstitel gemäss § 6 lit. a oder b AKV vorliegt oder am Ende des Monats, in dem eine andere Voraussetzung für die Ausrichtung wegfällt (§ 39 Abs. 2 AKV). In jedem Fall werden Überbrückungshilfen längstens während vier Jahren ab Geburt des Kindes ausgerichtet (§ 24 Abs. 2 KJHG). Als Überbrückungshilfe wird die Differenz zwischen den anerkannten Lebenskosten und den anrechenbaren Einnahmen ausbezahlt, soweit diese den mutmasslichen Unterhaltsbeitrag nicht übersteigt. Die Überbrückungshilfe darf aber den Höchstbetrag einer vollen Waisen- und Kinderrente gemäss AHV/IV-Gesetzgebung, derzeit Fr. 936.-- pro Monat, nicht überstei-gen (§ 24 Abs. 2 KJHG).

4.Zuständigkeit

Zuständig für die Ausrichtung der Überbrückungshilfe ist die Gemeinde, in welcher das Kind seinen zivilrechtlichen Wohnsitz hat (§ 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 KJHG). Über die Ausrichtung von finanziellen Leistungen entscheidet die Fürsorgebehörde der Ge-meinde, soweit diese nicht eine andere Behörde als zuständig bezeichnet (§ 28 Abs. 1 AKV). Zu beachten ist, dass die Überbrückungshilfe keine Form der wirtschaftlichen Hilfe darstellt, auch wenn die Fürsorgebehörde über die Bemessung und Ausrichtung entscheidet (vgl. auch § 7 Abs. 2 SHG). Nach § 28 Abs. 3 AKV kann die zuständige Behörde Entscheide an ein Mitglied delegieren. Ausgenommen sind Entscheide über a. die Ablehnung von Gesuchen um finanzielle Leistungen, b. die Rückforderung zu Unrecht ausgerichteter Leistungen gemäss § 27 Abs. 2 KJHG, c. die Genehmigung des Rechenschaftsberichts und der Rechnung.

Vorbereitet und vollzogen wird der Gemeindeentscheid durch die Jugendhilfestellen (§ 16 Abs. 2 KJHG, § 26 KJHG, § 27 AKV). Diese prüfen insbesondere, ob die Voraussetzungen für eine Ausrichtung von Überbrückungshilfen erfüllt sind, ermitteln die Höhe der Leistungen, stellen den zuständigen Gemeindeorganen Antrag, zahlen die Überbrückungshilfe zulasten der Gemeinde aus und übernehmen das Inkasso bei Rückforderungen (§ 27 AKV).

5.Gesuchstellung

Das Gesuch um Überbrückungshilfe ist bei der zuständigen Jugendhilfestelle einzureichen (§ 25 Abs. 1 KJHG; vgl. Merkblatt des Amtes für Jugend und Berufsberatung über die zu-ständigen Stellen für Gesuche um Alimentenhilfe [Bevorschussung / Alimenteninkasso / Überbrückungshilfe]). Es ist schriftlich zu stellen (§ 10 AKV). Das Amt für Jugend und Be-rufsberatung stellt hierfür das Formular Gesuch um Inkassohilfe und finanzielle Leistungen gemäss Kinder- und Jugendhilfegesetz (Alimentenbevorschussung, Überbrückungshilfe, Kleinkinderbetreuungsbeiträge) zur Verfügung. Zur Einreichung des Gesuchs ist der/die gesetzliche Vertreter/in des unterhaltsberechtigten Kindes (Inhaber/in der elterlichen Sorge, Vormund/in) befugt. Beiständinnen oder Beistände verfügen über diese Kompetenz, wenn ihnen diese Aufgabe bei der Mandatserrichtung über-tragen wurde. Bei der Gesuchstellung sind folgende Unterlagen einzureichen (§ 38 in Verbindung mit § 11 AKV):

  • Wohnsitzbestätigung,
  • AHV-Nummern aller im Haushalt lebenden Personen,
  • Unterlagen zu den Einnahmen und zum Vermögen aller im Haushalt lebenden Personen (z.B. neueste unterschriebene Steuererklärung inkl. Beilagen, letzte definitive Steuer-rechnung, Arbeitsvertrag, neuester Lohnausweis; evtl. aktuelle Lohnbelege oder Ge-schäftsabschlüsse, Belege über Ersatzeinkommen: Rentenverfügungen der AHV/IV, Pensionskasse, Unfallversicherung, Entscheide betreffend Ergänzungsleistungen usw.),
  • Nachweis der Rechtshängigkeit der Unterhaltsklage,
  • Bezifferung des voraussichtlichen Unterhaltsbeitrags mit der Begründung der Angemes-senheit. Für die Ausrichtung von Überbrückungshilfe wird verlangt, dass mit einer gewis-sen Wahrscheinlichkeit mit der Zusprechung von Unterhaltsbeiträgen in der Höhe der Überbrückungsleistungen gerechnet werden kann. Deshalb muss in der Regel die Va-terschaft bereits rechtlich feststehen und muss die Angemessenheit der eingeklagten Unterhaltsbeiträge glaubhaft gemacht werden. Hierfür sind der Bedarf des Kindes sowie die Leistungsfähigkeit des nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichteten Elternteils offen zu legen und die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils zumindest glaubhaft darzutun. Bei nicht geregelter Vaterschaft ist ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 303 Abs. 2 ZPO beim Gericht zu stellen.
  • Adresse der mutmasslich unterhaltspflichtigen Person.

Die gesuchstellende Person ist verpflichtet, alle für die Abklärung des Anspruchs auf Über-brückungshilfe notwendigen Angaben zu machen. Kommt sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, insbesondere wenn sie benötigte Angaben nicht macht oder eingeforderte Unterlagen innert der angesetzten Frist nicht beibringt, wird auf den Antrag nicht eingetreten oder die Überbrückungshilfe eingestellt (§ 2 AKV). Veränderungen, die sich auf die Leistungen auswirken können, muss die gesuchstellende Person unverzüglich der Jugendhilfestelle mitteilen (§ 3 AKV).

6.Rückerstattung

Nach rechtskräftiger Regelung des Unterhalts ist der pflichtige Elternteil zur Rückerstattung der Überbrückungshilfe verpflichtet (§ 27 Abs. 1 KJHG), soweit er im Urteil zu Unterhalt in der entsprechenden Höhe verpflichtet wurde. Die zum Unterhalt berechtigte Person, d. h. die Antragstellerin der Überbrückungshilfe, muss nur dann Rückzahlungen leisten, wenn die Leistungen zu Unrecht ausgerichtet wurden (§ 27 Abs. 2 KJHG).

7.Rechtsmittel

Gegen Entscheide der zuständigen Gemeindebehörde kann schriftlich und begründet innert 30 Tagen seit Empfang der Verfügung Rekurs gemäss den Angaben im Entscheid beim Be-zirksrat erhoben werden (§§ 19 ff. VRG). Entscheide des Bezirksrats können ans Verwal-tungsgericht des Kantons Zürich weitergezogen werden (§ 41 VRG).

9.Strafbestimmung

Wer vorsätzlich durch unwahre oder unvollständige Angaben die Ausrichtung von Überbrü-ckungshilfen erwirkt hat, wird mit Busse bestraft (§ 41 KJHG).

Rechtsprechung

Praxishilfen

Merkblatt des Amtes für Jugend und Berufsberatung über die Überbrückungshilfe Merkblatt des Amtes für Jugend und Berufsberatung über die zuständigen Stellen für Gesu-che um Alimentenhilfe (Bevorschussung / Alimenteninkasso / Überbrückungshilfe)

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


Für dieses Thema zuständig: