Gegenseitigkeitsprinzip - Anreize und Gegenleistung
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Rechtsgrundlagen
§ 3b SHG SKOS-Richtlinien, Kapitel C.2 SKOS-Richtlinien, Kapitel C.3 SKOS-Richtlinien, Kapitel E.1.2 Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur Anwendung der SKOS-Richtlinien
Erläuterungen
1.Grundsätzliches
§ 3b SHG sieht vor, dass
- die Gemeinden von den Hilfebeziehenden Gegenleistungen zur Sozialhilfe verlangen können, die nach Möglichkeit deren Integration in die Gesellschaft dienen (Abs. 1),
- die Gegenleistungen in der Regel in besonderen Vereinbarungen festgesetzt werden (Abs. 2),
- bei der Bemessung und Ausgestaltung der Sozialhilfe die Arbeits- und weiteren Gegen-leistungen angemessen berücksichtigt werden (Abs. 3). In dafür geeigneten Fällen soll sichergestellt werden, dass nicht (voll) erwerbstätige Klientin-nen und Klienten eine sinnvolle Gegenleistung zur Sozialhilfe erbringen. Dabei ist von einem weiten Begriff der Gegenleistung auszugehen. So kann es sich um die Betreuung von Kin-dern oder anderer Personen, um eine Beschäftigung im öffentlichen Interesse (z.B. im Rah-men eines Einsatzprogramms bzw. mittels Freiwilligenarbeit), um berufliche Qualifizierungen oder auch um die aktive Teilnahme an nötigen Therapien handeln. Auch eine Kombination von solchen Tätigkeiten ist möglich. Diese sind auf bereits erfolgte Eingliederungsschritte abzustimmen und zudem auf die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben aus-zurichten. Zu beachten ist indes, dass es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand ist, unbe-schränkt Eingliederungsangebote bereitzustellen. Vielmehr ist es in erster Linie Sache der Hilfesuchenden, sich um die Erbringung von Gegenleistungen zu bemühen und die dazu notwendige Eigeninitiative zu entwickeln.
2.Zielsetzung
In erster Linie soll durch Anreize (seien es positive oder negative) eine Änderung des Verhal-tens einer Person bewirkt werden. Im Sinne der Förderung wird einerseits ein Anreiz dafür geschaffen, dass eine unterstützte Person eine Gegenleistung erbringt. Dabei kann es sich um die Teilnahme an einem Integrations- oder Beschäftigungsprogramm, um Freiwilligenar-beit, das Absolvieren einer Therapie oder die aktive Stellensuche handeln. Die Gegenleis-
tung muss für die betroffene Person zumutbar und geeignet sein, ihre Situation zu verbes-sern. Eine Frage in der praktischen Arbeit ist in diesem Zusammenhang sicherlich, wie die geeignete Massnahme gefunden werden kann. Es gibt viele sehr gute Integrationsprogram-me, Einsatzmöglichkeiten und Kurse. Eine Hilfestellung für das Finden einer geeigneten In-tegrationsmassnahme bietet die so genannte BUSI-Datenbank (Datenbank über die im Kan-ton Zürich bekannten Programme für berufliche und soziale Integration). Selbstverständlich ist, dass die betroffene Person in den Entscheidungsprozess einbezogen werden muss. Ist es gelungen, sie entsprechend zu motivieren, tut sie also das, was von ihr erwartet wird, wird sie belohnt. Sie erhält eine Zulage (vgl. dazu Kapitel 8.2.01 und Kapitel 8.2.02) und hat damit mehr Geld zur Verfügung, als wenn sie die Gegenleistung nicht erbrin-gen würde. Es lohnt sich für die unterstützte Person, sich aktiv zu bemühen. Dies wirkt sich langfristig auch positiv auf die Gesellschaft aus, da mit der erfolgreichen Integration Mittel eingespart werden können.
3.Ausgestaltung
Wird eine Gegenleistung erbracht, so ist darüber und über die Ausrichtung der wirtschaftli-chen Hilfe in der Regel ein Vertrag (Eingliederungsvertrag bzw. Leistungsvereinbarung) zu schliessen. Neben der Dauer und dem mit der Eingliederungsmassnahme verfolgten Ziel sind darin auch die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die Konsequenzen einer Nichteinhaltung festzuhalten. Damit soll der Hilfe beziehenden Person klar werden, was sie vom Sozialdienst erwarten kann, was von ihr erwartet wird und welches die Konsequenzen der Nichterfüllung der Erwartungen sind. Es handelt sich dabei um einen Vertrag, welcher sich von der Verfügung durch seine Zweiseitigkeit und einen übereinstimmenden Willen un-terscheidet (vgl. dazu auch Kapitel 6.3.02 zur planmässigen Hilfe). Auf solche Vereinbarun-gen kann dann verzichtet werden, wenn klare und einfache Verhältnisse vorliegen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn neben der Betreuung von Kindern keine weiteren Gegen-leistungen mehr möglich sind. Möchte die Sozialbehörde die Eingliederungsmassnahme anordnen und einseitig durchset-zen, muss sie eine entsprechende Auflage erlassen. Da der Erfolg einer Eingliederungs-massnahmen jedoch in hohem Masse von der Motivation, der Lernbereitschaft und dem Veränderungswillen der betroffenen Person abhängt, ist zu empfehlen, zunächst mit den so-zialarbeiterischen Instrumenten wie Zielvereinbarung oder Eingliederungsvertrag zu arbeiten. Verweigert die betroffene Person das Erbringen einer zumutbaren Gegenleistung, welche ih-re Lage bzw. jene ihrer Angehörigen verbessern würde, darf im Zusammenhang mit der wirt-schaftlichen Hilfe mittels rekursfähigen Entscheids auch eine entsprechende Auflage oder Weisung mit gleichzeitiger Kürzungsandrohung erfolgen (Vgl. Kapitel 14.1.01, Auflagen und Weisungen). Bei deren Nichteinhaltung sind die angedrohten Leistungskürzungen zu verfü-gen.
4.Anreizsystem
§ 3b Abs. 3 SHG sieht vor, dass bei der Bemessung und Ausgestaltung der Sozialhilfe Ar-beits- und andere Gegenleistungen angemessen zu berücksichtigen sind. Die SKOS-Richt-
linien sehen verschiedene Massnahmen zur Förderung von Gegenleistungen vor, insbeson-dere die materiellen Anreize in Form eines Einkommensfreibetrags oder einer Integrations-zulage. 4.1 Integrationszulage Die Integrationszulage (IZU) soll dem Aufwand und der Bedeutung der erbrachten Integrati-onsleistung angemessen sein. Sie ist damit ein bedeutendes Instrument der Sozialen Arbeit. Die IZU ist eine personen- und nicht bedarfsbezogene Leistung. Deshalb können unter den entsprechenden Voraussetzungen mehrere Personen im selben Haushalt eine Integrations-zulage erlangen. Eine Integrationszulage darf nicht mit Unkosten verrechnet werden, die im Rahmen jener Tätigkeit anfallen, für welche die Zulage ausgerichtet wurde (vgl. dazu SKOS-Richtlinien, Kapitel C.2, sowie Ziff. 2 der Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur Anwendung der SKOS-Richtlinien). Die IZU beträgt maximal Fr. 300.-- pro Monat. Sie wird entsprechend dem Tätigkeitsumfang reduziert. Im Minimum wird sie auf Fr. 100.-- pro Monat festgesetzt. 16- bis 25-Jährige haben Anspruch auf die Hälfte der so errechneten IZU (vgl. Ziff. 6 der Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur Anwendung der SKOS-Richtlinien, siehe Anhang). Vgl. dazu Kapitel 8.2.01 4.2 Minimale Integrationszulage Die Minimale Integrationszulage (MIZ) wird ausgerichtet, wenn eine Person trotz ausgewie-sener Bereitschaft zum Erbringen von Eigenleistungen nicht in der Lage oder im Stande ist, eine besondere Integrationsleistung zu erbringen und damit eine IZU zu erwirtschaften. Vo-raussetzung ist also, dass die betroffene Person erkennbare und nachvollziehbare Bemü-hungen unternimmt, um ihre Situation zu verbessern. D ist somit wesentlich vom Verhalten der unterstützten Person abhängig. Fehlen solche Bemühungen (auch aus krankheitsbeding-ten Gründen), wird keine MIZ ausgerichtet (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel C.3, sowie Ziff. 3 der Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur Anwendung der SKOS-Richtlinien). Auch die MIZ kann an mehrere Personen im gleichen Haushalt ausgerichtet werden. 16- bis 25-Jährige haben, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, Anspruch auf die Hälfte der MIZ (vgl. Ziff. 6 der Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur An-wendung der SKOS-Richtlinien). Vgl. dazu Kapitel 8.2.02 4.3 Einkommensfreibetrag Unterstützten Personen ab 16 Jahren, welche im ersten Arbeitsmarkt ein Einkommen erwirt-schaften, wird ein so genannter Einkommensfreibetrag (EFB) gewährt. Der EFB wird in Ab-hängigkeit des Beschäftigungsumfangs festgelegt und beträgt im Kanton Zürich Fr. 600 bei einer 100%-Anstellung und wird bei Teilzeitarbeit entsprechend dem Beschäftigungsumfang reduziert. Er beträgt mindestens Fr. 100. Selbständigerwerbenden kann der EFB ausgerich-
tet werden, soweit die Einkommens- und Vermögensverhältnisse klar sind und sich ihre Si-tuation mit jener von unselbständig Erwerbstätigen vergleichen lässt (vgl. SKOS-Richtlinien, Kapitel E.1.2,sowie Ziff. 5 der Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur An-wendung der SKOS-Richtlinien). 16- bis 25-Jährige haben Anspruch auf die Hälfte des so er-rechneten EFB (vgl. Ziff. 6 der Weisung der Sicherheitsdirektion vom 29. März 2005 zur An-wendung der SKOS-Richtlinien). Beim EFB handelt es sich um Einnahmen, die im Unterstüt-zungsbudget nicht berücksichtigt werden. Die betroffenen Personen haben damit ein Ein-kommen, das über ihrem sozialhilferechtlichen Existenzminimum liegt. Sollte eine Betreibung vorliegen, ist der über dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum liegende Betrag pfänd-bar. Es ist darauf hinzuweisen, dass auf jedes Erwerbseinkommen Steuern zu entrichten sind. Durch die Gewährung des Einkommensfreibetrages ist die unterstützte Person in der Lage, ihrer Steuerverpflichtung nachzukommen. Vgl. dazu Kapitel 9.1.02.
5.Verzicht auf Rückerstattung von rechtmässig bezogenen Leistungen
Schliesslich darf unter Umständen bei Personen, die eine Gegenleistung erbracht haben o-der noch erbringen, auch auf die Rückerstattung von rechtmässig bezogener wirtschaftlicher Hilfe und das Geltendmachen von Verwandtenunterstützung verzichtet werden. Es wird empfohlen, von der Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen, die direkt mit dem Erbringen der Gegenleistung zusammenhängen (z. B. Programmkosten, EFB, IZU, situationsbedingte Leistungen im Zusammenhang mit Integrationsmassnahmen), abzusehen (vgl. § 27 SHG und SKOS-Richtlinien, Kapitel E.3.1, Stand 1. Januar 2011). Vgl. Kapitel 15.2.01.
Rechtsprechung
Praxishilfen
Modell Leistungsvereinbarung bzw. Integrationsvertrag siehe Kapitel 6.3.02 BUSI-Datenbank (Datenbank über die im Kanton Zürich bekannten Programme für berufliche und soziale Integration)
Anhänge
- Weisung der Direktion für Soziales und Sicherheit zur Anwendung der SKOS-Richtlinien vom 29. März 2005
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe