Überbrückungsleistungen

Kapitelnr.
11.1.14
Publikationsdatum
9. August 2021
Kapitel
11 Weitere Leistungen Soziale Sicherheit
Unterkapitel
11.1. Sozialversicherungsleistungen

Rechtsgrundlagen

Erläuterungen

1.Zweck

Die Überbrückungsleistungen richten sich an Personen, die nach dem vollendeten 60. Altersjahr von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert werden. Mit den Überbrückungsleistungen soll sichergestellt werden, dass der Existenzbedarf ohne Rückgriff auf die Sozialhilfe gewährleistet ist, in der Regel bis das Rentenalter erreicht wird.

2.Überbrückungsleistungen

2.1Anspruchsberechtigte Personen (vgl. Art. 5 - 6 ÜLG)

Die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose richten sich an Personen, die

  • frühestens im Monat, in dem sie ihr 60. Altersjahr erreichen, ausgesteuert werden;
  • mindestens 20 Jahre in der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) der Schweiz versichert waren, davon mindestens fünf Jahre nach dem 50. Geburtstag;
  • dabei ein Mindesteinkommen von jährlich mindestens 75 Prozent der AHV-Höchstrente (21’510 Franken, Stand 2021) verdient haben oder entsprechende Erziehungs- und Betreuungsgutschriften aufweisen;
  • den Wohnsitz und tatsächlichen Aufenthalt in der Schweiz oder in einem Mitgliedstaat der EU oder EFTA haben; sowie
  • anerkannte Ausgaben haben, die ihre anrechenbaren Einnahmen übersteigen (wirtschaftliche Voraussetzung).

Zudem erhält nur Überbrückungsleistungen, wer über ein Vermögen von weniger als 50'000 Franken (Alleinstehende) bzw. 100'000 Franken (Ehepaare) verfügt. Selbstbewohnte Liegenschaften werden dabei nicht berücksichtigt, hingegen Vorsorgeguthaben der beruflichen Vorsorge, welches einen bestimmten Betrag übersteigt.

Kein Anspruch auf Überbrückungsleistungen besteht

  • bei einem Anspruch auf eine Rente der AHV oder der IV,
  • wenn die Person vor dem 60. Geburtstag ausgesteuert wurde oder
  • wenn die Person vor dem 1. Juli 2021 ausgesteuert wurde (zu den Übergangsbestimmungen vgl. nachfolgend Ziffer 8).

Wenn zur ordentlichen Altersrente voraussichtlich ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen entsteht, muss die AHV vorbezogen werden und es besteht kein Anspruch mehr auf Überbrückungsleistungen (vgl. nachfolgend Ziffer 2.4. lit. b). Gleiches gilt bei bereits vorhandenem Ergänzungsleistungsanspruch.

2.2.Jährliche Überbrückungsleistungen

  • Plafonds/Maximalbetrag (Art. 7 Abs. 2 ÜLG)
  • Überbrückungsleistungen bestehen aus der jährlichen Überbrückungsleistung und der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bis zu einem jährlichen Maximalbetrag, der dem 2.25-fachen des allgemeinen Lebensbedarfs gemäss Art. 9 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1-2 ÜLG entspricht (total 44’123 Franken für Alleinstehende beziehungsweise 66’184 Franken für Ehepaare, Stand 2021).

    Krankheits- und Behinderungskosten werden jährlich bis zu einem Betrag von maximal 5000 Franken (Alleinstehende) bzw. 10'000 Franken (Ehepaare) vergütet, sofern der maximale Betrag der Überbrückungsleistungen nicht erreicht wird (Art. 17 Abs. 2 ÜLG).

  • Berechnung

    Bei den Überbrückungsleistungen handelt es sich um Bedarfsleistungen, die sich eng am Modell der Ergänzungsleistungen orientieren. Die jährliche Überbrückungsleistung entspricht der Differenz zwischen den anerkannten Ausgaben und den anrechenbaren Einnahmen (Art. 7 Abs. 1 ÜLG). Es werden nur die im Gesetz aufgeführten Ausgaben und Einnahmen anerkannt. Bei Wohnsitz in der EU/EFTA werden bestimmte Ausgaben an die Kaufkraft des jeweiligen Landes angepasst (Art. 8 ÜLG). Überbrückungsleistungen werden monatlich ausbezahlt.
    Als Ausgaben werden z.B. anerkannt (vgl. Art. 9 ÜLG):
    • die Ausgaben für den allgemeinen Lebensbedarf,
    • die Ausgaben für das Wohnen bis zu einem gewissen Mietzinsmaximum,
    • der Betrag für die obligatorische Krankenversicherung,
    • Beiträge an die AHV/IV/EO,
    • Berufsauslagen bis zur Höhe des Bruttoerwerbseinkommens,
    • geleistete familienrechtliche Unterhaltsbeiträge.

      Bei der Berechnung der anrechenbaren Einnahmen werden beispielsweise berücksichtigt (vgl. Art. 10 ÜLG):
    • Renten und Pensionen,
    • Vermögensertrag,
    • Eigenmietwert,
    • familienrechtliche Unterhaltsbeiträge,
    • Ersatzeinkünfte,
    • Einkünfte und Vermögenswerte, auf welche verzichtet worden ist,
    • ein Teil des Vermögens und der Erwerbseinkünfte.
  • Nicht berücksichtigt werden hingegen unter anderem Verwandtenunterstützungen und Sozialhilfeleistungen. Vom Erwerbseinkommen werden dabei lediglich zwei Drittel angerechnet, soweit das Einkommen einen bestimmten Betrag übersteigt. Bei Ehegatten bzw. Ehegattinnen oder eingetragenen Partnerinnen und Partnern ohne Anspruch auf Überbrückungsleistungen wird das Erwerbseinkommen zu 80% angerechnet.

  • Integrationsbemühungen
  • Gemäss Art. 5 Abs. 5 ÜLG i.V.m. Art. 5 ÜLV müssen Bezügerinnen oder Bezüger von Überbrückungsleistungen sich weiterhin um die Integration in den Arbeitsmarkt bemühen. Wie die Integrationsbemühungen nachzuweisen sind und welche Konsequenzen das Fehlen von zumutbaren Integrationsbemühungen hat, ist noch unklar.

2.4Krankheits- und Behinderungskosten

Zusätzlich zu den jährlichen Überbrückungsleistungen können Krankheitskosten rückerstattet werden. Dies unter folgenden Voraussetzungen:

  • Die Kosten sind nicht bereits durch eine andere Versicherung (z. B. Kranken-, Unfall- oder Invalidenversicherung) gedeckt und
  • die Höchstbeträge (Plafonds) sind noch nicht erreicht.

Folgende Kosten werden vergütet (Art. 17 Abs. 1 ÜLG):

  • Zahnärztliche Behandlung (wirtschaftliche und zweckmässige Behandlung),
  • Mehrkosten für eine lebensnotwendige Diät,
  • Transport zur nächstgelegenen Behandlungsstelle, Kosten für Hilfsmittel (einfache, wirtschaftliche und zweckmässige Ausführung),
  • Beteiligung an den Kosten der Krankenkasse (Selbstbehalt und Franchise) bis zum Betrag von jährlich 1000 Franken.

2.4.Organisation und Verfahren

  • Zuständigkeit
  • Die Durchführungsstellen für die Zusatzleistungen zur AHV/IV sind auch für die Ausrichtung der Überbrückungsleistungen zuständig (Art. 19 Abs. 1 ÜLG). Diese Stellen befinden sich bei der Wohngemeinde oder bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich. Für Personen mit Wohnsitz in der EU/EFTA ist die Durchführungsstelle des letzten Wohnsitzes in der Schweiz zuständig. Für Personen, die nie Wohnsitz in der Schweiz hatten, ist die Durchführungsstelle am Sitz des letzten Arbeitgebers zuständig (Art. 37 Abs. 3 ÜLV).

  • Anmeldung, Entstehung und Ende des Anspruchs
  • Der Anspruch auf Überbrückungsleistungen muss schriftlich angemeldet werden (Art. 37 Abs. 1 ÜLV). Er besteht grundsätzlich erstmals für den Monat, in welchem die Anmeldung eingereicht worden ist und sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 14 Abs. 1 ÜLG). Das Anmeldeformular kann bei der Durchführungsstelle bezogen werden.

    Der Anspruch auf Überbrückungsleistungen endet bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters oder im Zeitpunkt, in dem die Altersrente frühestens vorbezogen werden kann, wenn dann absehbar ist, dass bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen bestehen wird (Art. 3 Abs. 1 ÜLG, Art. 14 Abs. 3 ÜLG).

  • Rechtsmittel
  • Gegen die Verfügung, mit welcher über Überbrückungsleistungen entschieden wird, kann bei der verfügenden Stelle Einsprache gemäss Art. 52 ATSG erhoben werden. Einspracheentscheide unterliegen der Beschwerde an das kantonale Sozialversicherungsgericht, dessen Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.

  • Rückerstattung
  • Unrechtmässig, insbesondere in Verletzung der Meldepflicht (siehe nachstehend Ziffer 3), bezogene Überbrückungsleistungen sind durch die versicherte Person oder im Nachlassfall durch die Erben zurückzuerstatten. Wurden die Überbrückungsleistungen zur Gewährleistung zweckgemässer Verwendung einer Behörde oder Drittpersonen ausgerichtet, so sind diese rückerstattungspflichtig. Nicht zum Kreis der Rückerstattungspflichtigen gehören Vormunde, Vormundinnen, Beistandspersonen sowie die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Wer aber Überbrückungsleistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 ATSG).

    Der Rückforderungsanspruch erlischt mit dem Ablauf dreier Jahre, nachdem die kommunale Durchführungsstelle (bzw. bei Vorliegen einer Anschlussvereinbarung gemäss § 7a ZLG die SVA) davon Kenntnis erhalten hat, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung. Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so ist diese Frist massgebend (Art. 25 Abs. 2 ATSG).

3.Meldepflichten

Von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der anspruchsberechtigten Person hat diese, ihre gesetzliche Vertretung oder gegebenenfalls die Drittperson oder die Behörde, welcher eine Überbrückungsleistung ausbezahlt wird, der zuständigen Durchführungsstelle unverzüglich Mitteilung zu machen. Diese Meldepflicht erstreckt sich auch auf Veränderungen, welche bei an der Überbrückungsleistung beteiligten Familienmitgliedern der anspruchsberechtigten Person eintreten (Art. 43 ÜLV, vgl. auch Art. 31 ATSG).

Zu meldende Änderungen sind beispielsweise Veränderungen der Einkommens- und Vermögenssituation, Wohnortswechsel, Änderung der Anzahl Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, Wechsel des Zivilstandes, Änderung der Pflegestufe bei Heimbewohnenden etc.

4.Nachzahlung an bevorschussende Dritte

Hat eine private oder eine öffentliche Fürsorgestelle einer Person im Hinblick auf Überbrückungsleistungen Vorschussleistungen für den Lebensunterhalt während einer Zeitspanne gewährt, für die rückwirkend Überbrückungsleistungen ausgerichtet werden, so kann ihr bei der Nachzahlung dieser Vorschuss direkt vergütet werden (Art. 42 Abs. 1 ÜLV).

5.Revision und Aufsicht

Das Kantonale Sozialamt führt Revisionen bei den Durchführungsstellen durch (Art. 19 Abs. 2 ÜLG) und trägt zur innerkantonalen Koordination der Umsetzung der Überbrückungsleistungen bei.

Die Aufsicht wird vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) wahrgenommen, welches für die einheitliche Anwendung der gesetzlichen Vorschriften sorgt (Art. 55 Abs. 1 ÜLV).

6.Strafbestimmungen

Art. 148a StGB stellt den unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe unter Strafe (vgl. dazu Kapitel 16.2.03).

Art. 26 ÜLG stellt den unter anderem durch unwahre oder unvollständige oder in anderer Weise erwirkten unrechtmässigen Bezug von Überbrückungsleistungen unter Strafe. Diese Strafbestimmungen enthalten im Gegensatz zu Art. 148a StGB das Tatbestandsmerkmal des Irrtums nicht. Sie können also auch erfüllt werden, wenn der Täter oder die Täterin zwar z.B. unwahre Angaben macht, das Gegenüber aber die Unwahrheit erkennt, d.h. sich über die Anspruchsberechtigung nicht irrt, die Leistung aber dennoch erbringt. Ist aber in einem konkreten Fall der Straftatbestand von Art. 148a StGB erfüllt, erfolgt eine Bestrafung ausschliesslich nach dieser Bestimmung, d.h. Art. 26 ÜLG kommt diesfalls nicht zur Anwendung.

7.Auswirkungen der EU/EFTA-Übereinkommen

Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft (FZA, SR 0.142.112.681)und das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA, SR 0.632.31) koordinieren die Sozialversicherungssysteme der beteiligten Länder. Die wesentlichen Grundsätze der Abkommen sind die Gleichbehandlung der EU/EFTA-Bürger mit den schweizerischen Staatsangehörigen und die Sicherung von erworbenen Ansprüchen gegenüber den Sozialversicherungen bei der Aufnahme einer Arbeitstätigkeit in einem anderen Land.

Nähere Informationen zu den erwähnten Abkommen und deren Auswirkungen auf die einzelnen Sozialversicherungen finden sich unter anderem auf der Homepage des Bundesamtes für Sozialversicherungen: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/int/grundlagen-und-abkommen/sozialversicherungsabkommen.html

8.Übergangsbestimmungen

Das ÜLG ist seit 1. Juli 2021 in Kraft. Personen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgesteuert wurden, haben keinen Anspruch auf Überbrückungsleistungen (Art. 30 Abs. 1 ÜLG).

In Abweichung von Absatz 1 haben Personen, die zwischen dem 1. Januar 2021 und dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgesteuert wurden, einen Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach diesem Gesetz, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen gemäss Artikel 5 erfüllen (Art. 30 Abs. 1bis ÜLG). Die am 18. Dezember 2020 eingefügte Übergangsbestimmung hat indes keine praktische Bedeutung mehr, da Personen, die bis zum 1. Juli 2021 das 60. Altersjahr vollendet und 20 Jahre Beiträge an die AHV bezahlt haben, in Anwendung der Übergangsbestimmung zur AVIG-Änderung vom 19. März 2021 von der Arbeitslosenversicherung ab dem 1. Januar 2021 bis zum Inkrafttreten des ÜLG nicht ausgesteuert worden sind. Das heisst, die Rahmenfrist für diese Personengruppe wurde bis zum 1. Juli 2021 verlängert und bestand weiterhin Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung.

Rechtsprechung


Praxishilfen

Weitergehende Informationen zum Thema Überbrückungsleistungen finden sich beim Bundesamt für Sozialversicherungen: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/uela.html

Gesetzliche Grundlagen und Wegleitung sind abrufbar unter https://www.zh.ch/de/soziales/ueberbrueckungsleistungen-fuer-aeltere-arbeitslose.html

Kontakt

Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe

E-Mail

sozialhilfe@sa.zh.ch

Für Fragen zur Interinstitutionellen Zusammenarbeit: iiz@sa.zh.ch


Für dieses Thema zuständig: