Krankenversicherung: Prämienverbilligung und Prämienübernahme
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Rechtsgrundlagen
Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind: Art. 117 BV Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG), SR 832.10 Verordnung über die Krankenversicherung vom 27. Juni 1995 (KVV) SR 832.102 Einführungsgesetz zum Krankenversicherungsgesetz vom 13. Juni 1999 (EG KVG), LS 832.01 Verordnung zum EG KVG vom 28. November 2007, LS 832.1 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 /ATSG), SR 830.1 Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 11. September 2002 (ATSV), SR 831.11 Gesetz über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993 (GSVGer), LS 212.81
Erläuterungen
1.Einleitung
Am 19. März 2010 haben die eidgenössischen Räte zwei Bestimmungen des KVG geändert: Einerseits haben sie das Verfahren der Verlustscheinübernahme bei unbezahlten Prämien der obligatorischen Krankenversicherung neu geregelt (Art. 64a KVG) und anderseits haben sie die Kantone verpflichtet, die Prämienverbilligung nach einem einheitlichen, technisch standardisierten Verfahren direkt an die Krankenversicherer auszuzahlen (Art. 65 KVG). Die-se Änderungen sind am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Während im Zusammenhang mit Art. 64a KVG keine Übergangsfrist vorgesehen wurde, gilt für die Prämienverbilligung nach Art. 65 KVG eine zweijährige Übergangsfrist, damit die Kantone ihre Verfahren an die neuen gesetzlichen Anforderungen anpassen können. Im Kanton Zürich wurden Prämienverbilli-gungen bereits vor dem 1. Januar 2012 direkt dem Versicherer ausbezahlt. Die in Art. 65 KVG vorgesehenen Neuerungen bringen daher für den Kanton Zürich im Wesentlichen nur eine technische Umstellung. Die damit verbundene Änderungen des EG KVG wird entspre-chend zusammen mit der durch den neuen Art. 64a KVG bedingten Neuerungen vorgenom-men. Der Regierungsrat hat eine entsprechende Vorlage am 7. Dezember 2011 zuhanden des Kantonsrates verabschiedet (Vorlage 4859). Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich daher auf die noch geltende Fassung des EG KVG. Auf künftig vorgesehene Änderun-gen wird speziell hingewiesen. Die Vorlage kann nach der Beratung durch die vorbereiten-den Kommission bzw. den Kantonsrat noch Änderungen erfahren, weshalb die Ausführun-gen dazu lediglich den aktuellen Wissensstand abbilden. Der Verfahrensstand kann auf der
Website des Kantonsrats eingesehen werden.
2.Grundsätzliches zur Prämienverbilligung
Gemäss Art. 65 KVG gewähren die Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftli-chen Verhältnissen Prämienverbilligungen. Die Kantone informieren die Versicherten regel-mässig über das Recht auf Prämienverbilligung. An der Finanzierung der Prämienverbilli-gung beteiligt sich auch der Bund (Art. 66 KVG). Der Regierungsrat legt den Kantonsbeitrag für die Prämienverbilligung fest, wobei dieser mindestens 80% des mutmasslichen Bundesbeitrages nach Art. 66 KVG zu entsprechen hat. Ferner setzt er die Höhe der Prämienverbilligung für Erwachsene, junge Erwachsene (18 bis 25-Jährige) in Ausbildung und Kinder fest. Er kann die Beiträge nach Vermögen, Einkommen und Prämienregion abstufen. Für Kinder in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ist eine einheitliche Verbilligung in Höhe von mindestens 85% der regionalen Durchschnitts-prämie zu gewähren (§ 17 EG KVG).
3.Voraussetzungen der Prämienverbilligung
a. Grundsatz Innerhalb des Kantons Zürich wird die Prämienverbilligung Personen in bescheidenen wirt-schaftlichen Verhältnissen mit steuerrechtlichem Aufenthalt oder Wohnsitz und zivilrechtli-chem Wohnsitz im Kanton gewährt. Personen, die sich freiwillig dem Versicherungsobligato-rium unterstellen oder davon befreien lassen, sowie Personen, deren Prämien vom Bund übernommen werden, haben keinen Anspruch auf Prämienverbilligung durch den Kanton (§ 8 EG KVG). Letztes betrifft insbesondere Asylsuchende und Schutzbedürftige ohne Auf-enthaltsbewilligung, solange sie ganz oder teilweise Sozialhilfe beziehen. Während dieser Zeit ist ihr Anspruch auf Prämienverbilligung nach Art. 65 KVG sistiert. Der Anspruch lebt in dem Zeitpunkt auf, in dem diese Personen als Flüchtlinge anerkannt werden, als Schutzbe-dürftige einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung haben oder keine Sozialhilfe mehr beziehen (Art. 82a Abs. 7 AsylG). Ebenso keinen Anspruch auf Prämienverbilligung haben vorläufig Aufgenommene, welche ganz oder teilweise sozialhilfeabhängig sind (Art. 86 Abs. 2 AuG in Verbindung mit Art. 82a Abs. 7 AsylG). Ihr Anspruch lebt sieben Jahre nach der Ein-reise wieder auf (Art. 5b AsylV2). b. Wohnsitz und Aufenthalt, Zuzug in den Kanton Für Wohnsitz und Aufenthalt massgebend sind nach § 9 Abs. 1 EG KVG die persönlichen Verhältnisse am 1. Januar des dem Auszahlungsjahr vorangehenden Jahres (Ermittlungs-jahr). Allerdings können Personen, die ihren zivilrechtlichen Wohnsitz zwischen dem 1. Ja-nuar des dem Auszahlungsjahr vorangehenden Jahres und dem 1. Januar des Auszahlungs-jahres (d.h. also im Ermittlungsjahr) in den Kanton Zürich verlegen, im Auszahlungsjahr bei der Gemeinde einen Antrag auf Prämienverbilligung stellen (§ 18 Abs. 1 Verordnung zum EG KVG). Dann werden aber die aktuellen, im Kanton Zürich bekannten Steuerfaktoren be-rücksichtigt (§ 18 Abs. 2 Verordnung zum EG KVG).
c. wirtschaftliche Verhältnisse Die wirtschaftlichen Verhältnisse beurteilen sich nach dem steuerbaren Gesamteinkommen und Gesamtvermögen. Grundsätzlich und abgesehen vom Zuzug in den Kanton wird auf je-ne definitiven Steuerfaktoren abgestellt, welche am 1. Januar des dem Auszahlungsjahr vor-angehenden Jahres (d.h. also am 1. Januar des Ermittlungsjahres) bekannt gewesen sind (§ 9 Abs. 2 EG KVG). Bei quellensteuerpflichtigen Personen erfolgt eine entsprechende Um-rechnung des Steuerbetrags (§ 15 EG KVG). d. Veränderung der Verhältnisse Bei erheblich veränderten Verhältnissen, d.h. dann, wenn die aktuellen (auch provisorischen) Steuerfaktoren im Auszahlungsjahr massgeblich (mindestens 30% beim steuerbaren Ge-samteinkommen) von den am Stichtag ermittelten definitiven Steuerfaktoren abweichen oder falls sich die persönlichen Verhältnisse (durch Heirat, gerichtliche Trennung, Scheidung, Tod des Ehegatten oder der Ehegattin) verändern, kann bei der Gemeinde ein Antrag auf Prämi-enverbilligung gestellt werden. Dieser gilt nur für das Auszahlungsjahr (§ 9 Abs. 3 EG KVG, § 16 Verordnung zum EG KVG, § 17 Verordnung zum EG KVG). Nach Vorliegen der definiti-ven Steuerfaktoren erfolgt eine Überprüfung. Zeigt sich dabei, dass die Prämienverbilligung zu Unrecht ausgerichtet wurde, beantragt die Gemeinde bei der Sozialversicherungsanstalt, die Rückforderung geltend zu machen (§ 21 Verordnung zum EG KVG).
Achtung:
Nach der Rechtsprechung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich ist die gel-tende Regelung der für die Prämienverbilligung massgebenden Verhältnisse (§ 9 Abs. 2 EG KVG) verfassungswidrig (vgl. unten Rubrik Rechtsprechung). Die 30%-Klausel wird in der Praxis daher nicht mehr angewandt.
4.Sonderfälle
4.1. Unmündige Für unmündige Personen wird eine Kinder-Prämienverbilligung ausgerichtet, sofern der sor-geberechtigte bzw. obhutsberechtigte Elternteil selbst anspruchsberechtigt ist. Grundsätzlich beginnt die Berechtigung am 1. Januar des der Geburt folgenden Jahres. Auf Antrag bei der Gemeinde wird aber ab dem der Geburt folgenden Monat eine Prämienverbilligung ausge-richtet (§ 11 EG KVG). 4.2. Junge Erwachsene Anspruchsberechtigte 18 bis 25jährige Personen, die noch keine Erwachsenenprämie be-zahlen, erhalten nur eine Kinder-Prämienverbilligung. Für die Abstufung nach Altersgruppen sind die Verhältnisse am 1. Januar des Auszahlungsjahres massgeblich (§ 12 EG KVG). Junge Erwachsene in Erstausbildung erhalten auf Antrag an die Sozialversicherungsanstalt eine Prämienverbilligung von mindesten 50% der regionalen Durchschnittsprämie für junge Erwachsene, sofern die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind (§ 13 Abs. 1 EG KVG,
vgl. auch § 11 Verordnung zum EG KVG). Besteht weder eine Anspruchsberechtigung noch ein Anspruch auf Prämienverbilligung in einem anderen Kanton, können die Eltern unter be-stimmten Voraussetzungen Anspruch auf die vorstehend erwähnte Prämienverbilligung er-heben (vgl. § 13 Abs. 2 EG KVG). 4.3. Personen, die Ergänzungsleistungen und Beihilfen zur AHV/IV beziehen Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen oder Beihilfen zur AHV/IV werden die (Durchschnitts-)Prämien mit diesen Leistungen verbilligt. Dies gilt nicht, sofern jemand lediglich Gemeindezuschüsse erhält. Die Gemeinden haben sicherzustellen, dass die Verbil-ligungsbeiträge nicht doppelt bezahlt werden. Stehen Prämienzahlungen aus, können sie die Beiträge direkt dem Versicherer zukommen lassen (§ 14 Abs. 1 und 2 EG KVG). Auch diese Aufwendungen gehen zu Lasten des Gesamtbetrags der Prämienverbilligung und können mit detaillierten Abrechnungen und auf den dafür vorgesehenen Formularen gel-tend gemacht werden (§ 14 Abs. 3 und 4 EG KVG, § 23 Verordnung zum EG KVG).
Achtung:
Per 1. Januar 2012 wurde im Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinter-lassenen- und Invalidenversicherung vom 6. Oktober 2006 (ELG, SR 831.30) ein neuer Art. 21a eingefügt. Nach dieser Bestimmung ist der jährliche Pauschalbetrag für die obligato-rische in Abweichung von Art. 20 ATSG direkt dem Krankenversicherer auszuzahlen. Die Kantone sind befugt, Art. 21a ELG erst mit der Änderung des Systems der Prämienverbilli-gung nach Art. 65 Abs. 1 KVG anzuwenden. Der Regierungsrat hat eine entsprechende Än-derung des Gesetzes über die Zusatzleistungen zur eidgenössischen Alters-, Hinterlasse-nen- und Invalidenversicherung vom 7. Februar 1971 (Zusatzleistungsgesetz, ZLG, LS 831.3) sowie die dadurch notwendige Anpassung des EG KVG am 21. März 2012 zuhanden des Kantonsrates verabschiedet (Vorlage 4876). Das Geschäft wird nun im Kantonsrat bzw. der vorbereitenden Kommission beraten. 4.4. Personen, die wirtschaftliche Hilfe beziehen Personen, die am 1. Januar des Auszahlungsjahres ihren zivilrechtlichen Wohnsitz im Kan-ton haben und wirtschaftliche Hilfe gestützt auf das Sozialhilfegesetz beziehen, erhalten eine Prämienverbilligung. Der Anspruch auf Prämienverbilligung von Personen, die wirtschaftliche Hilfe beziehen, geht auf die Gemeinde über, wenn sie die vollen Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernimmt. In diesem Fall kann die Gemeinde die Auszahlung der Prämienverbilligung an sich selbst beantragen, auch wenn die berechtigte Person keine Prämienverbilligung beantragt hat. Personen, die erst im Lauf des Auszahlungsjahres wirt-schaftliche Hilfe beziehen, können bei der Gemeinde einen Antrag auf Prämienverbilligung stellen.
5.Verfahren bei der Prämienverbilligung
Die Gemeinden ermitteln die berechtigten Personen und teilen sie der Sozialversicherungs-
anstalt des Kantons Zürich mit. Diese gibt den Berechtigten im dem Auszahlungsjahr voran-gehenden Jahr den Betrag der Prämienverbilligung bekannt (§ 19 EG KVG). Die Ausrichtung der Prämienverbilligung muss von der berechtigten Person (grundsätzlich) innert zwei Monaten mittels unterschriebenen Antragsformulars bei der Sozialversicherungs-anstalt des Kantons Zürich beantragt werden. Im darauf folgenden Auszahlungsjahr richtet die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich die Prämienverbilligung an den Versiche-rer aus, welcher sie dem jeweiligen Prämienkonto gutschreibt. Ausnahmsweise kann die Prämienverbilligung auch auf andere Weise ausgerichtet werden (§ 19 EG KVG). Hinweis: Wer in der Stadt Zürich wohnt, macht seinen Anspruch bei den Städtischen Ge-sundheitsdiensten geltend. In der Stadt Winterthur sind die Sozialen Dienste, Bereich KVG, für die Bearbeitung von Prämienverbilligungsanträgen zuständig.
6.Prämienübernahme bei Bedürftigkeit
Durch die Prämienverbilligung nicht gedeckte Prämien werden von der Gemeinde des steu-errechtlichen Aufenthalts oder Wohnsitzes und des zivilrechtlichen Wohnsitzes von versi-cherten Personen übernommen (unter Meldung an die Sozialversicherungsanstalt), soweit das nach dem Sozialhilferecht berechnete soziale Existenzminimum nicht gewährleistet ist (§ 18 .Abs. 1 EG KVG). Das bedeutet nicht, dass die betreffende Person tatsächlich wirt-schaftliche Hilfe beziehen muss. Da die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen grund-sätzlich freiwillig ist, genügt für die Prämienübernahme, dass das soziale Existenzminimum der versicherten Person nicht gedeckt ist. Übernimmt die Gemeinde die Prämien gemäss § 18 Abs. 1 EG KVG, gehen die Forderungen des Versicherers für diese Prämien auf sie über. Die Gemeinde bewirtschaftet übernommene Forderungen, für die ein Verlustschein vorliegt. Der Kanton erhält die Hälfte eines Erlöses (§ 22 Verordnung zum EG KVG).
Änderung gemäss Vorlage 4859:
Am Grundsatz der Übernahme der durch die Prämienverbilligung nicht gedeckten Restprä-mie ändert sich nichts. Die Vorlage sieht vor, die Gemeinden neu zu verpflichten, die Rest-prämie oder – wenn noch kein Antrag auf Prämienverbilligung gestellt wurde – die volle Prämie direkt an den Versicherer auszurichten (§ 18 Abs. 2 neu EG KVG). Diese Regelung findet sich bisher als Kann-Vorschrift in Abs. 3 von § 18 EG KVG. Im neuen Abs. 3 findet sich sodann die bisher in § 22 Abs. 1 der Verordnung verankerte Legalzession der Prämien-forderung vom Krankenversicherer auf die Gemeinde. Sobald die Gemeinde die Forderung übernommen hat, geht sie vom Versicherer auf die Gemeinde über. Damit kann die Gemein-de das Geld später von der versicherten Person zurückfordern, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Schliesslich wird in Abs. 4 neu festgeschrieben, was bisher nicht ausdrücklich im Gesetz stand, dass nämlich der Kanton die Prämienübernahmen den Gemeinden zurücker-stattet. Finanziert werden die Prämienübernahmen aus den Bundes- und Kantonsbeiträgen für die Prämienverbilligung.
6.Betreibungen und Verlustscheine für unbezahlte Prämien und Kostenbeteili-gungen
Das Verfahren im Falle von unbezahlten Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversi-cherung wird neu vom Bund geregelt, allerdings nur in groben Zügen. Der bisherige § 18 Abs. 2 EG KVG, der die Verlustscheinübernahme kantonal regelte, wird damit jedoch hinfäl-lig. Der Bund überträgt den Kantonen in den neuen Art. 64a KVG und Art. 105b ff. KVV ver-schiedene Aufgaben und stellt ihnen Instrumente zur Verfügung, die es ihnen erlauben, un-nötige Betreibungsverfahren zu vermeiden. Wichtigster Unterschied zur bisherigen Regelung ist, dass die Krankenversicherer keinen Leistungsaufschub mehr verfügen können. Neu gibt der Versicherer, wenn fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen trotz Mahnung und Betreibung nicht beglichen werden, der zu-ständigen kantonalen Behörde die betroffenen Versicherten sowie den Gesamtbetrag der Forderungen (ausstehende Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinse und Betreibungs-kosten) bekannt, die während des berücksichtigen Zeitraumes zur Ausstellung eines Verlust-scheines oder eines gleichwertiges Rechtstitels geführt haben. Die Kantone sind verpflichtet, 85% der ausstehenden Forderungen für Prämien und Kostenbeteiligungen zu übernehmen, sofern das Betreibungsverfahren mit einem Verlustschein geendet hat. Der Versicherer übernimmt die restlichen 15% und darf die Kostenerstattung nicht mehr aufschieben. Die Verlustscheine bleiben beim Versicherer. Dieser hat die ausstehenden Forderungen weiter-hin einzutreiben und – macht er sie ganz oder teilweise erhältlich – die Hälfte dem Kanton abzuliefern. Abgerechnet wird einmal jährlich. Der Kanton kann zudem verlangen, dass der Versicherer ihm meldet, wenn er gegen eine bestimmte versicherte Person eine Betreibung eingeleitet hat. Der Kanton kann in der Folge einen Betreibungsstopp veranlassen, wenn er die Prämie übernimmt, beispielsweise weil die Prämienschuldnerin oder der Prämienschuld-ner Sozialhilfe bezieht. In der Vorlage 4859 hat der Regierungsrat verschiedene Ausführungsbestimmungen zur neuen bundesrechtlichen Regelung vorgesehen. So wird in § 18a Abs. 1 neu EG KVG zu-nächst festgehalten, dass die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (SVA) die zu-ständige kantonale Behörde für die Verlustscheinmeldungen und den Datenaustausch mit den Versicherern ist. § 18a Abs. 2 neu EG KVG hält sodann fest, dass die Versicherer die Abrechnung der Ver-lustscheine ebenfalls der SVA zustellen müssen und dass diese den Versicherern die pau-schale Entschädigung bis am 30. Juni ausbezahlt (vgl. Art. 105k Abs. 2 KVV). In Abs. 3 von § 18a neu EG KVG werden die Versicherer verpflichtet, dem Kanton eingeleite-te Betreibungen für Prämien und Kostenbeteiligungen der obligatorischen Krankenpflegever-sicherung zu melden. Von dieser den Kantonen in Art. 64a Abs. 2 KVG eingeräumten Kom-petenz soll Gebrauch gemacht werden, damit die zuständige Gemeinde bei der betroffenen Person prüfen kann, ob Unterstützungsmassnahmen notwendig sind. Zudem muss die Be-treibung von Prämien vermieden werden, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner Sozial-hilfe bezieht bzw. unter dem Existenzminimum lebt, denn in diesem Fall übernimmt der Kan-ton die Prämien ohnehin (vgl. § 18 Abs. 1 EG KVG). Die Wohngemeinde bzw. die für die So-zialhilfe zuständige Gemeinde muss daher über angehobene Betreibungen der Krankenver-sicherer im Bild sein, damit sie melden kann, wenn Sozialhilfebezügerinnen oder -bezüger betrieben werden. Welche Daten die Meldung des Versicherers enthalten muss, schreibt der Bund in Art. 105e Abs. 1 KVV vor: Namen und Vornamen, Geschlecht, Geburtsdatum, Wohnsitz und AHV-Nummer der Schuldnerin oder des Schuldners. Die Meldung des Versi-
cherers hat an die SVA zu erfolgen, die sie an die zuständige Gemeinde (in der Regel ist dies die Wohngemeinde) weiterleitet. Meldet die Gemeinde zurück, dass die Prämien ge-stützt auf § 18 EG KVG übernommen werden, zeigt die SVA dem Versicherer an, dass die Betreibung nicht fortgesetzt werden soll. Anschliessend übernimmt die Gemeinde die aus-stehenden Prämien (im Falle eines Neueintritts in die Sozialhilfe können auch alle noch aus-stehenden Prämien übernommen werden, wenn eine Betreibung droht oder gar schon einge-leitet wurde). Endet die Prämienübernahme beim Austritt aus der Sozialhilfe oder aus ande-ren Gründen, hat die Gemeinde dies wiederum der SVA zu melden, die dem Versicherer das Ende des Betreibungsstopps anzeigt. § 18a Abs. 5 neu EG KVG enthält ein Abtretungsverbot für den Versicherer. Da der Versi-cherer den Verlustschein gemäss Art. 64a Abs. 5 KVG nicht wie bis anhin an den Kanton aushändigt, sondern selber bewirtschaften muss, ist sicherzustellen, dass er den Verlust-schein beispielsweise nicht deutlich unter dem Nennwert an einen Dritten abtritt und damit den Rückerstattungsanspruch des Kantons erheblich mindert; denn er muss dem Kanton die Hälfte abliefern, wenn er die Forderung oder einen Teil davon nach Ausstellung des Verlust-scheins noch eintreiben kann. Unter «Dritten» sind insbesondere auch konzerneigene Toch-tergesellschaften zu verstehen. § 18a Abs. 6 neu EG KVG hält wiederum fest, dass die Entschädigungen für die Verlust-scheine aus den Mitteln für die Prämienverbilligung finanziert werden. Daran ändert sich ge-genüber dem heutigen Gesetz nichts. Der Bund überträgt den Kantonen in Art. 64a Abs. 3 KVG sodann neu die Aufgabe, eine Re-visionsstelle zu bezeichnen, welche die Abrechnung des Versicherers über die dem Kanton verrechneten Verlustscheine revidiert. Ist diese eine andere Kontrollstelle als die in Art. 86 KVV erwähnte Revisionsstelle des Versicherers – beispielsweise eine kantonseigene Stelle –, übernimmt der Kanton die Revisionskosten, andernfalls gehen sie zulasten des Versiche-rers. Damit hier eine gewisse Beweglichkeit gegeben ist, wird die Bezeichnung der Revisi-onsstelle dem Regierungsrat übertragen. Denn es ist nicht auszuschliessen, dass in gewis-sen Fällen eine andere Revisionsstelle als diejenige des Krankenversicherers beauftragt werden muss, etwa wenn Hinweise auf unzuverlässige Prüfung bestehen. Für die Bezeich-nung der Revisionsstelle soll daher ein Regierungsratsbeschluss genügen. Schliesslich räumt Art. 105i KVV den Kantonen die Kompetenz ein, Rechtstitel zu bezeich-nen, die einem Verlustschein gleichgesetzt werden, was bedeutet, dass der Kanton die Prä-mien- und Kostenbeteiligungsforderungen pauschal übernimmt. Dies könnte etwa bei der Sozialhilfe der Fall sein. Auch hier ist eine abschliessende Aufzählung im Gesetz nicht rat-sam, damit der Regierungsrat, wenn er später Handlungsbedarf sieht, rasch reagieren kann. Weiteres zu den Ausführungsbestimmungen siehe Vorlage 4859, S. 21 ff.
6.Rückforderung
- Prämienverbilligung: Unrechtmässig ausgerichtete Prämienverbilligungen werden von der Sozialversicherungsan-stalt des Kantons Zürich bei den versicherten Personen zurückgefordert (§ 20 Abs. 1 EG
KVG, vgl. auch § 21 Verordnung zum EG KVG).
- Leistungen nach § 14 EG KVG und Prämienübernahmen nach § 18 EG KVG: Unrechtmässig ausgerichtete oder zweckwidrig verwendete Leistungen nach § 14 EG KVG oder § 18 EG KVG werden von der zivilrechtlichen Wohngemeinde zurückgefordert und dem Kanton weitergeleitet (§ 20 Abs. 2 EG KVG). Zu den Anpassungen des kantonalen Rechts an die bundesrechtlichen Vorgaben bezüglich der Prämienverbilligung vgl. Vorlage 4859, S. 4 und 25 f.
Rechtsprechung
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich: KV.2007.00039: Die geltende Regelung der für die Prämienverbilligung massgebenden Ver-hältnisse (§ 9 Abs. 2 EG KVG) ist verfassungswidrig, da bei der Bemessung der Prämien-verbilligung nicht hinreichend klar ist, auf welche Veranlagung welcher Steuerperiode abzu-stellen ist. Darin liegt ein willkürliches Moment, denn es ist so nicht eindeutig festgelegt, nach den Steuerfaktoren welchen Jahres sich der Anspruch auf Prämienverbilligung für ein be-stimmtes Jahr richtet; es kann auch auf den Stand des Veranlagungsverfahrens ankommen. Zudem sind die Voraussetzungen für eine Anpassung der Prämienverbilligung bei veränder-ten wirtschaftlichen Verhältnissen in willkürlicher und rechtsungleicher Weise festgelegt. So-lange keine Möglichkeiten zur Behebung der Zufälligkeiten, die bei der Bemessung der Prä-mienverbilligung nach den definitiven Steuerfaktoren am vorgesehenen Stichtag entstehen, statuiert sind, bedarf es der richterlichen Korrektur. Wenn die Veränderung der wirtschaftli-chen Verhältnisse zu einer Unterschreitung der vom Regierungsrat festgelegten Einkom-mens- und Vermögensgrenzen (vgl. § 8 Abs. 2 EG KVG) führt, rechtfertigt es sich, eine Be-messung der Prämienverbilligung aufgrund aktuellerer Faktoren zuzulassen. Dies zumindest dann, wenn die definitiven Steuerfaktoren nach § 9 Abs. 2 EG KVG nicht mit den rechtskräf-tigen Steuerfaktoren des vorvorletzten Jahres gleichzusetzen sind. In Nachachtung dieses Urteils ist derzeit eine entsprechende Gesetzesanpassung in Vorbe-reitung.
Praxishilfen
Informationen der SVA zur Prämienverbilligung
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe