Übernahme Mandat als Kantonsrat (Merkblatt)
Merkblatt des Personalamtes vom 8. Juli 2022 zur Übernahme eines Mandats als Kantonsratsmitglied durch kantonale Angestellte – Informationen für Vorgesetzte
Dieses Merkblatt enthält grundlegende Informationen für Vorgesetzte des Kantons Zürich, deren Angestellte sich als Mitglied des Zürcher Kantonsrats wählen lassen wollen bzw. gewählt wurden.
1.Grundsätzliche Zulässigkeit
Der Kanton Zürich ist aufgrund der Kantonsverfassung gehalten, günstige Rahmenbedingungen für die nebenamtliche Tätigkeit in Behörden zu schaffen.1 Dieser Auftrag trägt der nach wie vor grossen Bedeutung des politischen Milizsystems auf allen drei Ebenen des schweizerischen Staatswesens Rechnung.
In diesem Sinne sind kantonale Angestellte grundsätzlich berechtigt, sich zur Wahl als Kantonsratsmitglied aufstellen zu lassen und ein Mandat als Kantonsratsmitglied nach der Wahl neben ihrer Anstellung beim Kanton auszuüben.
2.Unvereinbarkeit als Grenze der Zulässigkeit
Unzulässig ist die Übernahme eines Mandats als Mitglied des Kantonsrates in den vom Gesetzgeber abschliessend geregelten Ausnahmefällen.
Die Unzulässigkeit ergibt sich primär aus der Unvereinbarkeit von Tätigkeiten für verschiedene Organe oder aus dem unmittelbaren Aufsichts- bzw. Anstellungsverhältnis zwischen dem Amt und des bzw. der Angestellten. Die massgebenden Bestimmungen des Gesetzes über die politischen Rechte2 sind im Anhang aufgeführt.
Treten kantonale Angestellte zur Wahl als Mitglied des Kantonsrats an und tritt in der Folge eine Unvereinbarkeit ein, muss die bzw. der Angestellte der Direktion der Justiz und des Innern innerhalb von fünf Tagen mitteilen, ob er oder sie sich für das Amt oder die Anstellung entscheidet.3
3.Informations- und Bewilligungspflicht
a) Kantonale Angestellte, die sich um ein öffentliches Amt bewerben, sind verpflichtet, dies der vorgesetzten Stelle vor der Wahl/Übernahme zu melden.4 Diese Informationspflicht gilt unabhängig vom Beschäftigungsgrad.
Bei Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer Anstellung und des Kantonsratsmandats können im Anstellungsverhältnis personalrechtliche Massnahmen geprüft werden.
b) Für die Ausübung eines öffentlichen Amts kann bei einer vollen Anstellung bis maximal ein halber Tag pro Woche Arbeitszeit beansprucht werden. Dies entspricht einem Maximum von 10 % der Arbeitszeit. Wird mehr Arbeitszeit als ein halber Tag pro Woche beansprucht, ist diese zu kompensieren bzw. ist ein Teil der Nebeneinkünfte an die Staatskasse abzugeben.5
Wird Arbeitszeit beansprucht, bedarf dies einer Bewilligung. Bei der Bewilligungserteilung ist zu prüfen, ob die Beanspruchung von Arbeitszeit für die Ausübung des öffentlichen Amtes aus dienstlichen Gründen (zeitliche Beanspruchung im Rahmen der Anstellung) möglich ist. Zwischen den Nachteilen, die dem Betrieb aufgrund der ausfallenden Arbeitszeit entstehen und der Zusatzbelastung, welche die betreffende Person mit dem öffentlichen Amt zulasten ihrer Freizeit übernimmt, ist ein vernünftiger Ausgleich zu suchen.
Im Sinne der Ausführungen unter Punkt 1 sollte die Bewilligung wenn möglich erteilt werden.
Bei der Übernahme eines Mandats als Mitglied des Kantonsrates ist der Regierungsrat für die Bewilligungserteilung zuständig. Die Bewilligung kann mit Auflagen zur Kompensation der Arbeitszeit und zur Abgabe von Nebeneinnahmen verbunden werden.6 Analog der Situation bei Nebenbeschäftigungen sind aus Sicht des Personalamtes zudem auch Auflagen zur maximalen zeitlichen Beanspruchung möglich.7 Auflagen, welche im Ergebnis die im GPR geregelten Unvereinbarkeitsgründe oder Ausstandspflichten ausweiten (bspw. indem eine Teilnahme an Beratungen bestimmter Geschäfte des Kantonsrates verboten wird), sind nicht zulässig.8
Eine Regelung hinsichtlich des Zeitpunkts des Gesuchs um Bewilligung besteht nicht. Das Gesuch ist sinnvollerweise erst nach erfolgter Wahl zu stellen.
Bei der Erteilung der Bewilligung wird deren Gültigkeitsdauer bestimmt.9 Sie wird sinnvollerweise an die Amtsdauer angeglichen, sodass bei einer Wiederwahl erneut eine Bewilligung auszustellen ist.
Das Formular mit dem Gesuch um Bewilligung eines öffentlichen Amtes kann im Handbuch Personalrecht unter der Rubrik: Rechte und Pflichten > öffentliches Amt
abgerufen werden.
Eine Musterverfügung sowie ein Musterantrag an den Regierungsrat stehen ebenfalls im Handbuch Personalrecht unter folgender Rubrik zur Verfügung:
Vorlagen > Musterverfügungen > Bewilligungen > öffentliches Amt sowie unter
Vorlagen > Regierungsratsanträge > Bewilligungen > öffentliches Amt
4.Ausstand
Nebst der Frage der generellen Unvereinbarkeit eines öffentlichen Amtes mit einer kantonalen Anstellung ist bei der Ausübung des Amtes im Einzelfall jeweils auch eine allfällige Ausstandspflicht einzuhalten.10 Kantonsratsmitglieder haben Ausstandsgründe dem Präsidium zu Beginn der Beratung zu melden. Ist die Ausstandspflicht strittig, entscheidet der Kantonsrat.11
5.Vollzugsfragen
Die Beanspruchung von Arbeitszeit für ein öffentliches Amt ist grundsätzlich bezahlter Urlaub im Umfang der notwendigen Zeit, wobei die gesamte Buchung von Arbeitszeit am betreffenden Tag maximal bis zur Regelarbeitszeit und nicht über 8:24 gehen kann.
1 Art. 45 Kantonsverfassung (KV, LS 101)
2 §§ 25 ff. Gesetz über die politischen Rechte (GPR, LS 161)
3 §§ 30 und 81 Abs. 1 GPR; das Gesetz spricht zwar lediglich von «Amt»; dies ist jedoch analog auch für die Konstellation Amt/Anstellung gültig.
4 § 54 Personalgesetz (PG, 177.10)
5 § 145 Abs. 2 und 3 Vollzugsverordnung zum Personalgesetz (VVO, 177.111)
6 § 54 Abs. 2 PG i.V.m. § 145 VVO
7 Abweichend das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2008, VB.2007.00315, wonach nur Auflagen betr. Kompensation der Arbeitszeit und zur Abgabe von Nebeneinnahmen zulässig sind.
8 VB.2007.00315, E. 2.4, betreffend die unzulässige Auflage, dass eine Staatsanwältin bei gewissen Themen in der Justizkommission nicht Mitglied sein dürfe.
9 § 166 VVO
10 BGE 123 I 97 E. 5c, 116 Ia 242 E. 3a/bb; vgl. Peter Reinert, Ausstand im Parlament, Zürich 1991, S. 4.
11 § 134 Kantonsratsgesetz (KRG, LS 171.1)
12 Vgl. § 84 ff. VVO; § 123 VVO
Anhang, Unvereinbarkeitsgründe für kantonale Angestellte im Verhältnis zum Kantonsrat
§ 25. Unvereinbarkeitsgründe a. Organfunktion
1 Die Mitglieder des Regierungsrates, die Staatsschreiberin oder der Staatsschreiber dürfen nicht gleichzeitig ein weiteres Amt im Kanton, in einem Bezirk oder in einer Gemeinde besetzen. […].
2 Innerhalb der folgenden Gruppen sind unvereinbar:
– Mitglied des Kantonsrates, der Oberstaatsanwaltschaft oder der Oberjugendanwaltschaft, voll- oder teilamtliches Mitglied eines obersten Gerichts, Mitglied einer Behörde, die vom Kantonsrat gewählt oder deren Wahl von diesem genehmigt wird, Mitglied eines Organs, das vom Kantonsrat gewählt oder dessen Wahl von diesem genehmigt wird,
– Mitglied des Bezirksgerichts, der Staatsanwaltschaft, der Jugendanwaltschaft, des Bezirksrates beziehungsweise Statthalterin oder Statthalter innerhalb des gleichen Bezirks, ausgenommen Mitglied der Staatsanwaltschaft und Statthalterin oder Statthalter,
– […],
– […].
26.b. Aufsichtsverhältnis
1 Ämter und Anstellungen, die in einem unmittelbaren Anstellungs- oder Aufsichtsverhältnis zueinander stehen, sind unvereinbar.
2 Dies gilt auch für
- die Mitglieder eines Parlamentes gegenüber den Exekutivorganen des betreffenden Gemeinwesens sowie den Angestellten, die der unmittelbaren Aufsicht eines Direktions- oder Departementsvorstandes dieses Gemeinwesens unterstehen, wie Generalsekretärinnen und -sekretäre, Amtsleiterinnen und -leiter,
- […],
- die kantonale Ombudsperson und die Datenschutzbeauftragte oder den Datenschutzbeauftragten gegenüber jedem anderen Amt und jeder anderen Anstellung auf der Ebene des Kantons, eines Bezirks oder einer Gemeinde,
- die Leiterin oder den Leiter der Finanzkontrolle gegenüber jedem Amt und jeder andern Anstellung auf der Ebene des Kantons oder eines Bezirks.
3 Für Ersatzleute und Stellvertretungen gilt dieser Unvereinbarkeitsgrund nicht, ausgenommen für die Stellvertreterin oder den Stellvertreter der Ombudsperson.