Übergang von der Besteuerung als Holding-, Domizil- oder gemischte Gesellschaft zur ordentlichen Besteuerung (Statuswechsel): Auswirkungen auf die stillen Reserven und die Vorjahresverluste
Stille Reserven inklusive Mehrwert aus der Zeit der Besteuerung unter einem kantonalen Steuerstatus können bei Wegfall des kantonalen Steuerstatus grundsätzlich im Umfang der bisherigen Freistellung gewinnsteuerunwirksam, durch Bildung einer als Gewinn besteuert geltenden stillen Reserve, aufgedeckt und nach Einsetzen der ordentlichen Besteuerung steuerwirksam abgeschrieben werden.
Gemäss § 73 Abs. 1 StG entrichten Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, deren statutarischer Zweck zur Hauptsache in der dauernden Verwaltung von Beteiligungen besteht und die in der Schweiz keine Geschäftstätigkeit ausüben, keine Gewinnsteuer, sofern die Beteiligungen oder die Erträge aus Beteiligungen längerfristig mindestens zwei Drittel der gesamten Aktiven und Passiven ausmachen.
Gemäss § 70 Abs. 1 StG können vom Reingewinn der Steuerperiode Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangen Geschäftsjahren abgezogen werden, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten.
Erfüllt eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, welche als Holdinggesellschaft gemäss § 73 StG besteuert wurde, die Voraussetzungen von § 73 Abs. 1 StG nicht mehr und wird deshalb neu ordentlich gemäss § 71 StG besteuert, kann sie die stillen Reserven, welche entstanden sind, während sie nach § 73 StG besteuert wurde, im Zeitpunkt des Übergangs zur ordentlichen Besteuerung ohne Gewinnsteuerfolgen in der Steuerbilanz offen legen.
Verluste, die während der Besteuerung als Holdinggesellschaft gemäss § 73 StG entstanden sind, können nach dem Statuswechsel (Übergang zur ordentlichen Besteuerung nach § 71 StG) nicht mehr zur Verrechnung gebracht werden.
Diese Praxisfestlegung gemäss Mitteilung vom 19. Juli 2012 entspricht den Grundsätzen, die sich aus dem Entscheid des Bundesgerichts 2C_645/2011 vom 12. März 2012 ergeben.
Diese für Holdinggesellschaften festgelegte Praxis kann sinngemäss auch auf den Übergang von der Besteuerung als Domizil- oder gemischte Gesellschaft zur ordentlichen Besteuerung angewendet werden. Daraus ergeben sich für die Behandlung der stillen Reserven und die Verrechnung von Vorjahresverlusten folgende Grundsätze:
1.Aufdeckung der stillen Reserven
Stille Reserven inklusive Mehrwert aus der Zeit der Besteuerung unter einem kantonalen Steuerstatus können bei Wegfall des kantonalen Steuerstatus grundsätzlich im Umfang der bisherigen Freistellung gewinnsteuerunwirksam, durch Bildung einer als Gewinn besteuert geltenden stillen Reserve, aufgedeckt und nach Einsetzen der ordentlichen Besteuerung steuerwirksam abgeschrieben werden.
Die Aufdeckung der stillen Reserven ist bei Wegfall des kantonalen Steuerstatus bis und mit der letzten Steuerperiode vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Steuervorlage 17 möglich.
2.Umfang der aufzudeckenden stillen Reserven
Im Allgemeinen:
Aus steuersystematischen Gründen können grundsätzlich nur jene stillen Reserven ganz oder teilweise steuerunwirksam aufgedeckt werden, welche in der Zeit zwischen Eintritt in den kantonalen Steuerstatus und dessen Verlust steuerfrei entstanden sind.
Bei Unternehmen, welche aus dem Ausland in die Schweiz zugezogen und seit dem Zuzug mit einem kantonalen Steuerstatus besteuert worden sind, können die gesamten auslandsbezogenen stillen Reserven im Umfang der Differenz zwischen Verkehrs- und Buchwert steuerunwirksam aufgedeckt werden, also auch jene, die vor dem Zuzug in die Schweiz gebildet worden oder entstanden sind.
Im Einzelnen:
Beim Wegfall des Holdingstatus können die stillen Reserven auf Immobilien nicht und jene auf den übrigen Aktiven vollständig gewinnsteuerunwirksam aufgedeckt werden.
Beim Wegfall des Status als Domizil- oder gemischte Gesellschaft können die stillen Reserven auf Immobilien und inlandsbezogenen Aktiven nicht, jene auf den auslandsbezogenen Aktiven im Umfang der bisherigen Freistellungsquote gewinnsteuerunwirksam offengelegt werden.
Mit Bezug auf Beteiligungen gemäss § 72 StG ist bei Wegfall des Status als Holding-, Domizil- oder gemischte Gesellschaft nur die Differenz zwischen Gestehungskosten und dem tieferen Gewinnsteuerwert vom Statuswechsel betroffen, da diese entweder bei einer Veräusserung, bei einer buchmässigen Aufwertung oder gestützt auf § 64 Abs. 1 Ziff. 5 StG bei einer Werterholung als Gewinn steuerbar wäre. Die Differenz zwischen Veräusserungserlös und Gestehungskosten dagegen bleibt über den Beteiligungsabzug auch nach Einsetzen der ordentlichen Besteuerung – wenn auch indirekt – gewinnsteuerfrei.
Andererseits muss sichergestellt werden, dass Abschreibungen auf Beteiligungen, welche sich während der Zeit der Statusbesteuerung nicht gewinnsteuerwirksam ausgewirkt haben, bei deren «Wiedereinbringung» im Zusammenhang mit einer echten, buchmässigen oder steuersystematischen Realisation nicht zur Besteuerung gelangen. Daraus ergibt sich für Gewinnsteuerwert und Gestehungskosten:
Verkehrswert der Beteiligung liegt über den Gestehungskosten:
- Der Gewinnsteuerwert der Beteiligung kann gewinnsteuerunwirksam bis auf die Gestehungskosten erhöht werden;
- Die Gestehungskosten bleiben unverändert.
Verkehrswert der Beteiligung liegt unter den Gestehungskosten:
- Der Gewinnsteuerwert der Beteiligung kann gewinnsteuerunwirksam bis auf den Verkehrswert erhöht werden;
- Die Gestehungskosten werden auf den Verkehrswert der Beteiligung reduziert.
3.Steuerlich nicht verrechnete Vorjahresverluste
Nicht verrechnete Vorjahresverluste aus der Zeit der Besteuerung als Holdinggesellschaft können nicht, jene während der Dauer der Besteuerung als Domizil- oder gemischte Gesellschaft nur im Umfang der steuerbaren Quote mit künftigen Gewinnen unter der ordentlichen Besteuerung verrechnet werden.
4.Abschreibung der steuerunwirksam aufgedeckten stillen Reserven
Die aufgedeckten stillen Reserven sind innert höchstens 10 Jahren abzuschreiben. Diese Abschreibungen unterliegen ab dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Steuervorlage 17 der Entlastungsbegrenzung.
5.Kapitalsteuer
Die gewinnsteuerunwirksam aufgedeckten stillen Reserven unterliegen gemäss § 79 Abs. 1 StG der Kapitalsteuer, soweit sie nicht in Vorjahren gewinnsteuerwirksam abgeschrieben worden sind. Die Erfassung dieser Reserven im steuerbaren Eigenkapital entfällt mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Steuervorlage 17 und der damit verbundenen Aufhebung von § 79 Abs. 1 Satz 2 StG.
Gesellschaften, welche für die Gewinnsteuer auf die Besteuerung nach §§ 73 und 74 StG verzichten, können für die Kapitalsteuer weiterhin die Besteuerung als Holding-, Domizil- oder gemischte Gesellschaft gemäss § 82 Abs. 1 StG geltend machen, wenn und solange die Voraussetzungen zur Besteuerung nach §§ 73 oder 74 StG bei der Gewinnsteuer erfüllt wären. Domizil- und gemischte Gesellschaften haben dazu der Steuererklärung das Ergänzungsblatt für Domizil- und gemischte Gesellschaften beizulegen.
Aufgehobener Praxishinweis: