Leistungen nach Kinder- und Jugendheimgesetz (KJG)
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Details
Rechtsgrundlagen
Erläuterungen
1.Zweck
Das ab dem 1. Januar 2022 geltende neue Kinder- und Jugendheimgesetz (KJG) hat zum Ziel, mit bedarfsgerechten Angeboten die Betreuung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in schwierigen Lebenslagen sicherzustellen, indem ein ausreichendes Angebot an ergänzenden Hilfen zur Erziehung zur Verfügung steht (vgl. § 1 KJG).
Zu den ergänzenden Hilfen zur Erziehung gehören gemäss § 2 KJG:
- Die sozialpädagogische Familienhilfe (SPF)
- Die Familienpflege
- Dienstleistungsangebote in der Familienpflege (DAF)
- Die Heimpflege
Seit dem 1. Januar 2022 ist auch die neue Kinder- und Jugendheimverordnung (KJV) in Kraft. Sie beschreibt den Gesamtplanungsprozess und den Leistungskatalog der ergänzenden Hilfen zur Erziehung und regelt die Melde- und Bewilligungspflichten sowie die Finanzierung dieser Hilfen.
2.Anspruch auf Leistungen nach KJG
Anspruch auf Leistungen nach KJG haben Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die ihren Unterstützungswohnsitz (vgl. dazu Kapitel 3.2.03) im Kanton Zürich haben (vgl. VB.2022.00595 vom 2. Februar 2023, E.3.5 und VB.2022.00463 vom 1. März 2022 E.3.3 betreffend Wohnsitz nach § 3 KJG). Grundsätzlich besteht der Anspruch auf ergänzende Hilfen zur Erziehung bis zur Volljährigkeit, wobei Ausnahmen vorgesehen sind (§ 5 KJV). Obschon die Leistungen an die Kinder und Jugendlichen angeknüpft werden, orientieren sich die Massnahmen in der Regel am gesamten Familiensystem. Dies gilt in erster Linie für Massnahmen der sozialpädagogischen Familienhilfe.
3.Leistungsfinanzierung
Eine Leistungsfinanzierung erfolgt gestützt auf § 22 KJG und §§ 57 ff. KJV bei
- einer Anordnung der KESB oder
- einer gerichtlichen Anordnung oder
- einer Kostenübernahmegarantie des Amts für Jugend und Berufsberatung (AJB).
Der Antrag um Kostenübernahmegarantie (KÜG) für eine ergänzende Hilfe zur Erziehung kann von Behörden, den Sorgeberechtigten, den urteilsfähigen Leistungsbeziehenden oder von bevollmächtigten Drittpersonen beim AJB eingereicht werden (siehe Praxishilfen).
4.Kostentragung
Die gestützt auf das KJG anfallenden Kosten werden von Kanton und Gemeinden gemeinsam getragen. Der Kantonsanteil beträgt 40 Prozent, der Gemeindeanteil 60 Prozent. Die Kostenverteilung auf die Gemeinden erfolgt nach Einwohnerzahlen. Es handelt sich dabei nicht um Kosten der wirtschaftlichen Hilfe, sondern die Leistungen müssen auf dem KJG-Konto (Funktion 5440.3631.xx «Beiträge an Kanton (ergänzende Hilfen zur Erziehung)» verbucht werden (vgl. dazu Orientierungsschreiben 2024 des Gemeindeamts, Abteilung Gemeindefinanzen, Ziffer 2.9.).
5.Rückabwicklung
Das Verwaltungsgericht hat in den beiden Entscheiden VB.2022.00595 und VB.2022.00463 entschieden, dass nicht der zivilrechtliche Wohnsitz, sondern der Unterstützungswohnsitz des Kindes für die Finanzierung einer Leistung nach KJG relevant ist. In den Fällen, in denen vor dieser Rechtsprechung eine Kostenübernahme gestützt auf das KJG abgelehnt worden ist, weil sich der zivilrechtliche Wohnsitz des Kindes nicht mehr im Kanton Zürich befindet, sein Unterstützungswohnsitz aber nach wie vor in einer Zürcher Gemeinde liegt, wurden die notwendigen Leistungen für das Kind inklusive die Platzierungskosten häufig ganz oder teilweise aus Mitteln der Sozialhilfe finanziert. Gemeinden, die solche Fälle haben, können sich zwecks Rückabwicklung der Kosten an das AJB wenden. Welche Informationen eingereicht werden müssen, können dem Dokument «Informationen AJB zur Abwicklung VG Urteil» (siehe unten, Praxishilfen) entnommen oder beim AJB erfragt werden.
Die eingehenden Zahlungen des AJB für bisher aus Mitteln der Sozialhilfe finanzierte Platzierungskosten müssen als Einnahme auf dem individuellen Klientenkonto verbucht werden. Der Sozialhilfebezug des Kindes reduziert sich im Umfang der rückwirkend ausgerichteten Leistungen nach KJG.
Rechtsprechung
VB.2022.00595 [Der 2012 geborene Beschwerdeführer wurde im Frühjahr 2020 fremdplatziert, wobei den getrennt voneinander lebenden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wurde. Umstritten ist, ob der Kanton oder die sozialhilferechtlich zuständige Gemeinde für die Tragung der Kosten im Zusammenhang mit der Unterbringung des Knaben in einer ausserkantonalen Pflegefamilie verantwortlich ist, was davon abhängt, wie der Begriff «Wohnsitz» in § 3 Abs. 1 KJG ausgelegt wird.]
Die Auslegung von § 3 Abs. 1 KJG ergibt, dass der Begriff «Wohnsitz» darin nicht mit dem jeweils aktuellen zivilrechtlichen Wohnsitz gleichgesetzt werden darf (E. 3 f.). Vielmehr ist der Begriff im Sinn des Unterstützungswohnsitzes nach Art. 7 ZUG aufzufassen, welche Bestimmung – im Unterschied zum Zivilrecht - besondere Unterstützungswohnsitze Minderjähriger kennt und für Minderjährige wie den Beschwerdeführer bestimmt, dass sich ihr Unterstützungswohnsitz am letzten Wohnsitz des Elternteils befindet, bei dem sie überwiegend wohnten, und nicht etwa am aktuellen Aufenthaltsort (Art. 25 Abs. 1 ZGB). Eine Belastung der Gemeinden im konkreten Einzelfall über die Sozialhilfe stünde im Widerspruch mit dem Finanzierungsmodell des Kinder- und Jugendheimgesetzes und der dahinter stehenden Absicht (zum Ganzen E. 4 f.).
VB.2022.00463 [Finanzierung von Familienpflege und Dienstleistungsangeboten in der Familienpflege über die Volljährigkeit (gemäss Art. 14 ZGB) hinaus.]
Gemäss § 3 Abs. 1 KJG haben Kinder und Jugendliche «mit Wohnsitz im Kanton Zürich» Anspruch auf ergänzende Erziehungshilfen, wobei dieser über die Volljährigkeit hinaus bestehen kann (Abs. 2). Mit «Wohnsitz» ist der Unterstützungswohnsitz im Sinn des Zuständigkeitsgesetzes gemeint (E. 3.3).
Der während der Minderjährigkeit nach Art. 7 ZUG bestimmte Unterstützungswohnsitz fällt mit dem Eintritt der Volljährigkeit nicht automatisch und in jedem Fall dahin; vielmehr kann der Unterstützungswohnsitz im Einzelfall fortbestehen, wenn die Familienpflege von der Behörde weiterhin als indiziert betrachtet wird und die Pflegeeltern nach wie vor einen Auftrag zu Pflege und Betreuung haben, oder wenn die betroffene volljährige Person zwar keiner Pflege mehr bedarf, jedoch zu einem Sonderzweck bei einer Pflegefamilie bleibt (E. 4.3.1). Letzteres ist beim Beschwerdeführer der Fall (E. 4.3.2).
Der geltend gemachte Finanzierungsanspruch ist ausgewiesen und der Beschwerdegegner ist anzuweisen, dem Beschwerdeführer antragsgemäss Kostengutsprache für die Unterbringung bei seiner bisherigen Pflegefamilie vom 20. Januar bis zum 31. Dezember 2022 zu leisten (E. 5.8).
Kontakt
Kantonales Sozialamt - Abteilung Öffentliche Sozialhilfe