Grundsätze des Verwaltungsrechts
Vorbemerkung
Jedes staatliche Handeln
- bedarf einer gesetzlichen Grundlage
- muss im öffentlichen Interesse liegen und
- muss verhältnismässig sein.
Daneben muss das staatliche Handeln die Rechtsgleichheit beachten und darf nicht gegen Treu und Glauben verstossen.
Diese fünf Grundprinzipien des Verwaltungsrechts gelten grundsätzlich für die gesamte Verwaltungstätigkeit, so auch im Verhältnis des Staates als Arbeitgeber zu seinen Mitarbeitenden.
Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung
Das Gesetzmässigkeitsprinzip (Legalitätsprinzip) bedeutet, dass sich Verwaltungshandeln auf ein Gesetz stützen muss (Art. 5 Abs. 1 BV sowie Art. 2 Abs. 1 und Art. 38 KV). Verwaltungstätigkeiten, die nicht auf einem Gesetz beruhen, sind unzulässig.
Bei der gesetzlichen Grundlage muss es sich nicht zwingend um ein Gesetz im formellen Sinn, also ein Gesetz, welches vom Parlament (Legislative) verabschiedet wurde, handeln. Als gesetzliche Grundlage genügt allenfalls auch eine von der Exekutive erlassene Verordnung (Gesetz im materiellen Sinne).
Das Gesetzmässigkeitsprinzip bedeutet insbesondere, dass alle Verfügungen - und damit auch die personalrechtlichen Verfügungen - auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen müssen.
Der Grundsatz des öffentlichen Interesses
Alles staatliche Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen (Art. 5 Abs. 2 BV und Art. 2 Abs. 2 KV). Der Staat hat das Wohl der Allgemeinheit zu schützen und zu fördern. Allerdings können der Verwirklichung bestimmter Interessen im Einzelfall private oder andere öffentliche Interessen entgegenstehen. Im Falle einer derartigen Interessenkollision müssen eine wertende Gegenüberstellung und eine Interessenabwägung vorgenommen werden.
Die praktisch grösste Bedeutung kommt dem Grundsatz des öffentlichen Interessens im Zusammenhang mit der Einschränkung von Freiheitsrechten zu, denkbar beispielsweise beim Verbot einer Nebenbeschäftigung.
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit fordert, dass die Verwaltungsmassnahmen zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und notwendig sind. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zu den Belastungen stehen, die den Betreffenden auferlegt werden (Art. 5 Abs. 2 BV und Art. 2 Abs. 2 KV).
Bei der Prüfung, ob eine Verwaltungsmassnahme verhältnismässig ist, müssen die folgenden drei Elemente kumulativ beachtet werden:
- Eignung der Massnahme: Nicht geeignet ist eine Verwaltungsmassnahme dann, wenn sie am Ziel vorbeischiesst, d.h. keinerlei Wirkungen im Hinblick auf den angestrebten Zweck entfaltet oder die Erreichung dieses Zweckes sogar erschwert oder verhindert.
- Erforderlichkeit der Massnahme: Eine Verwaltungsmassnahme hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ausreichen würde.
- Verhältnismässigkeit von Zweck und Wirkung der Massnahme: Eine Verwaltungsmassnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie ein vernünftiges Verhältnis zwischen dem angestrebten Ziel und dem Eingriff, den sie für den Betroffenen bewirkt, wahrt.
Grundsatz der Rechtsgleichheit
Der Grundsatz der Rechtsgleichheit umfasst zwei wesentliche Komponenten, einerseits den Anspruch auf Gleichbehandlung und andererseits das Willkürverbot.
Anspruch auf Gleichbehandlung
Der Anspruch auf Gleichbehandlung verlangt, dass Rechte und Pflichten der Betroffenen nach dem gleichen Massstab festzusetzen sind, d.h. Gleiches ist gleich und Ungleiches ist ungleich zu behandeln. Das Gleichheitsprinzip verbietet einerseits unterschiedliche Regelungen, denen keine rechtlich erheblichen Unterscheidungen zu Grunde liegen. Andererseits untersagt es aber auch die rechtliche Gleichbehandlung von Fällen, die sich in tatsächlicher Hinsicht wesentlich unterscheiden (Art. 8 Abs. 1 BV und Art. 11 Abs. 1 KV).
Eine Behörde verletzt bei der Rechtsanwendung - beispielsweise beim Erlass einer Verfügung - dann den Gleichheitssatz, wenn sie zwei tatsächlich gleich Situationen ohne sachlichen Grund unterschiedlich beurteilt. Eine rechtsungleiche Behandlung liegt aber grundsätzlich nur dann vor, wenn dieselbe Behörde bzw. allenfalls deren Aufsichtsbehörde gleichartige Fälle unterschiedlich beurteilt.
Beispiel:
Wenn die Anstellungsbehörde bei Sparprogrammen eine Auswahl darüber zu treffen hat, welche Mitarbeitenden weiterbeschäftigt und welche entlassen werden, muss sie die Selektion nach sachlichen und diskriminierungsfreien Kriterien vornehmen. Bei diesem Entscheid dürfen betrieblich bedeutsame Umstände wie Leistung und Verhalten sowie Eignung der Mitarbeitenden für zukünftige Aufgaben beigezogen werden.
Das Diskriminierungsverbot als Ausfluss des Gleichbehandlungsgebots untersagt die Benachteiligung von Personen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe auf Grund von Merkmalen, die sie nicht frei wählen oder verändern können. Insbesondere darf niemand wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, genetischer Merkmale, der Sprache, der sexuellen Orientierung, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung diskriminiert werden (Art. 8 Abs. 2 BV und Art. 11 Abs. 2 KV). Hier setzt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers an.
Gleichstellung von Frau und Mann im Besonderen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft (Art. 8 Abs. 3 BV und Art. 11 Abs. 3 KV sowie Art. 3 Abs. 1 GIG). Das Diskriminierungsverbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung (Art. 3 Abs. 2 GIG).
Willkürverbot (Art. 9 BV)
Willkür liegt dann vor, wenn eine Verfügung offensichtlich unhaltbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie zur tatsächlichen Situation in krassem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Es genügt nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder sogar als zutreffender erscheint.
Grundsatz von Treu und Glauben
Der Grundsatz von Treu und Glauben wirkt sich im Verwaltungsrecht vor allem in zweifacher Hinsicht aus:
Vertrauensschutz
In Form des Vertrauensschutzes bedeutet der Grundsatz von Treu und Glauben, dass die Privaten Anspruch darauf haben, in ihrem berechtigten Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden geschützt zu werden (Art. 9 BV und Art. 2 Abs. 3 KV). Im Zusammenhang mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes steht auch das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens der Verwaltungsbehörden gegenüber Privaten.
Verbot widersprüchlichen Verhaltens und Verbot des Rechtsmissbrauchs
Als Verbot widersprüchlichen Verhaltens und als Verbot des Rechtsmissbrauchs verbietet der Grundsatz von Treu und Glauben sowohl den staatlichen Behörden wie auch den Privaten, sich widersprüchlich oder rechtsmissbräuchlich zu verhalten. So dürfen Verwaltungsbehörden insbesondere nicht einen einmal in einer bestimmten Angelegenheit eingenommenen Standpunkt ohne sachlichen Grund wechseln (Art. 5 Abs. 3 BV und Art. 2 Abs. 3 KV). Wenn die Privaten auf das ursprüngliche Verhalten der Behörden vertraut haben, stellt ein widersprüchliches Verhalten dieser Behörden eine Verletzung des Vertrauensschutzprinzips dar (Art. 9 BV). Private handeln beispielsweise widersprüchlich, wenn sie eine gegebene Zusage oder Einwilligung, die zur Erlangung einer sie begünstigenden Verfügung geführt hat, später ausdrücklich oder stillschweigend in Abrede stellen. Rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn Behörden oder Private ein Rechtsinstitut zweckwidrig zur Verwirklichung von Interessen verwenden, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will.
Quelle
Zusammenfassung aus Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, Zürich/St. Gallen 2010, Seiten 83 - 163
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